Mehr Energie und Resilienz bei Long Covid und chronischer Erschöpfung

Blumenwiese als Metapher für LongCovid Kennst Du den Zusammenhang von LongCovid und einer Blumenwiese?

Heute möchte ich ein sehr persönliches Thema mit Dir teilen, ein Thema, welches mir sehr am Herzen liegt. Es geht um den Umgang mit Ressourcen während Krankheitsphasen, insbesondere bei LongCovid und Fatigue/ chronischer Erschöpfung.

Ich hatte früher keine Ahnung davon, wie wichtig es ist, gezielt Pausen einzulegen, besonders wenn man mit Herausforderungen wie Long Covid zu kämpfen hat. Diese Thematik ist mir besonders nahe, da ich seit November 2020 selbst die Erfahrung mit Long Covid mache.

Ich verwende bewusst den Ausdruck „ich mache die Erfahrung“ anstatt zu sagen „ich habe LongCovid“.

Lange habe ich davon gesprochen, dass ich LongCovid habe, bis meine Somatic -Experiencing-Ausbilderin Heike Gattner mir vorschlug, es anders zu benennen, nämlich zu sagen „ich mache die Erfahrung von LongCovid“. Tatsächlich hat das in meinem Körpersystem eine Veränderung ausgelöst. Ich wurde entspannter und konnte meine Erfahrungen besser akzeptieren. 

Magst Du es auch mal ausprobieren? Wie wäre es hier und jetzt mit einem kleinen Experiment?

Egal, welche Diagnose man Dir gegeben hat – probier es jetzt aus!

  1. „Ich habe xyz“
    Spür nach, wie sich das anfühlt für Dich. Welche Empfindungen spürst Du? Enge/ Weite? Wärme/ Kälte? Kribbeln/ Taubheit? Druck/Leichtigkeit?

    und nun:
  2. „ich mache die Erfahrung von xyz“
    was spürst Du jetzt?

    Gibt es einen Unterschied? Und wenn ja, welchen? Welcher Satz fühlt sich besser an?


Doch zurück zu LongCovid und Fatigue:

Die Eigenart bei Erschöpfung nach Covid ist die, dass Betroffene Antrieb haben (im Gegensatz zur Fatigue bei Depressionen). Das verführt dazu, dass man sich in Momenten scheinbarer Energie dazu verleiten lässt, viele Aufgaben zu erledigen. Doch Vorsicht: Dies kann zu einem überfordernden Teufelskreis führen. Man denkt, man hat Energie, wird aktiv und die Gefahr des Crashs steigt.

Mithilfe von Somatic Experiencing habe ich für mich das Bild einer Blumenwiese entwickelt. Vielleicht hilft es Dir ebenfalls, vielleicht hast Du auch eine andere Metapher, das ist natürlich völlig okay. 

Also, stell Dir vor, die Energie blüht auf wie eine prächtige Wiese, doch kurz nach dieser Blüte folgt oft ein plötzlicher Energieabfall – der berüchtigte Crash. Genauso ergeht es Menschen mit Long Covid. Man erlebt kurze Phasen der Energie und möchte sie unbedingt nutzen. Und genau das kann zu einem Crash führen, der alles lahmlegt.

Die zweite Besonderheit bei Fatigue bei LongCovid ist nämlich, dass Du niemals bis zur Grenze Deiner Belastung gehen darfst! Das ist eine sehr wichtige Regel! Experten nennen zwischen 50 und 80% der Belastungsfähigkeit. Um auf Nummer sicher zu gehen, richte Dich nach den 50%.

Das bedeutet konkret: wenn Du seit 20 Minuten spazieren gehst und denkst „ach, ich könnte noch zwanzig Minuten gehen“ – dann solltest Du aufhören, denn dann bist Du bei Deiner Grenze von 50% angekommen!

Es ist also wichtig, nicht bis zur Grenze zu gehen, sondern bereits anzuhalten, sobald Du die Grenze auch nur siehst!

Wenn Dir jemand sagt, dass Du an Deine Grenze gehen solltest oder Deine Grenze ausweiten oder ähnliches, dann hör nicht drauf! Diese Person liegt falsch und denkt vielleicht, dass ein chronisches Erschöpfungssyndrom nach einer Viruserkrankung genauso zu behandeln ist wie ein Erschöpfungssyndrom nach einer Krebserkrankung. Ist es nicht! Bei Fatigue nach Krebs darf man sich etwas herausfordern, bei LongCovid nicht!

Das ist jetzt der Punkt, wo ich zur Blumenwiese zurück komme:

Zwischen Aufblühen und Verdorren liegen ja doch ein paar Einzelschrittchen: die ersten Blümchen lassen die Köpfe hängen, dann hängen alle durch und je nach den Umständen ist die Wiese bald vertrocknet.

Deine Herausforderung ist es nun, auf diese ersten Anzeichen zu achten. Welche „Blüte“ bei Dir persönlich lässt zuerst das Köpfchen hängen? Wie merkst Du das? Welches Zeichen gibt Dir Dein Körper?

Manchmal sind es subtile Anzeichen wie:

  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • ein beklemmendes Gefühl im Kopf
  • ein Kribbeln in den Beinen
  • Dein Atem wird flach

    Die Symptome sind sehr vielseitig und individuell.

Nimm Dir die Zeit, DEINE Signale zu erkennen, und drück die Pausetaste.

Ein einfaches kurzes Hinlegen oder eine bewusste Atemübung können bereits einen großen Unterschied machen. Achte darauf, diese Pausen frühzeitig einzulegen, um Deine Ressourcen zu schonen und Überlastung zu vermeiden. Denk an die 50% Regel. Die Länge der Pausen hängt von Deinem individuellen Gesundheitszustand ab – hör auf Deinen Körper.

Es ist natürlich eine große Herausforderung, sich regelmäßig Pausen zu gönnen, wenn es einem gut geht und man gerade Energie hat. Viele von uns sind einfach daran gewöhnt, ständig zu geben, zu machen und sich kaum Ruhe zu gönnen.

Aber denk dran: wenn Du die Erfahrung von chronischer Erschöpfung machst, dann solltest Du nicht mit der Pause warten, bis Du erschöpft bist, sondern Deine Blumenwiese schon vorher gießen! Nämlich kurz bevor die ersten Blümlein ihre Köpfe hängen lassen 🙂

Schreib Dir am besten auf, womit Du persönlich Deine Blumenwiese gießen kannst. Was tut Dir gut? Was hilft Dir? Vielleicht magst Du ein Bild malen und es Dir irgendwo aufhängen, wo Du immer dran erinnert wirst?!

Übungen für den Vagusnerv entspannen und bringen gleichzeitig Energie

Bei mir habe ich festgestellt, wie wohltuend es ist, regelmäßig Atem- und Vagusübungen zu praktizieren. Ich nehme mir täglich Zeit dafür. Inzwischen bin ich ziemlich fit, treibe wieder Sport und praktiziere die Übungen nur noch 2x täglich für 20 Minuten.

Atem- und Vagusübungen sind übrigens ein Teil meines „Weniger Stress, mehr Gelassenheit“-Kurses, der wöchentlich über Zoom stattfindet. Durch diese Übungen konnte ich meine Energie über den Tag besser verteilen und mich fast vollständig gesund fühlen.

Atem- und Vagusübungen haben einen heilsamen Effekt auf das Nervensystem und senken das Stresslevel.

Besonders wichtig ist es, diese Pausen regelmäßig und in Kombination mit Atem- oder Vagusübungen einzulegen. Die Übungen ermöglichen dem Nervensystem, in den parasympathischen Modus zu wechseln und eure Batterien wieder aufzuladen. In diesem Blogbeitrag kannst Du mehr über den Vagus lesen.

Das ist wichtig zu wissen: Beim Einatmen stellt der Körper Energie für Kampf oder Flucht zur Verfügung. Der Sympathikus ist an. Beim Ausatmen entspannen wir und der Parasympathikus schaltet sich ein. Nach Viruserkrankungen wird oft flach oder sehr kurz geatmet und die parasympathischen Phasen sind ebenfalls kaum ausgeprägt. Durch bewusstes Atmen und vor allem, wenn man länger aus- als einatmet, kommt man also in den Genuss des Parasympathikus – das Nervensystem und der Körper entspannt! 

Bei den Vagusübungen kommt es zu einem reflektorischen Einatmen, d.h., dass der Körper einatmet, ohne dass der Kopf sagt „atme jetzt mal“. Dieser reflektorische Atemzug zeigt an, dass Du im parasympathischen Nervensystem bist und zwar im Teil des ventralen Vagus. Vielleicht gluckert dann auch Dein Magen oder Du musst gähnen. Prima!

Bewusste Atemübungen aber auch die reflektorischen Atemzüge durch die Vagusübungen sind starke Helfer der Gesundheit:

  • sie bauen Stress ab
  • reduzieren die Ausschüttung von Cortisol
  • entspannen also somit auch die Nebennieren
  • verbessern die Verdauung
  • regulieren Herzfrequenz und das Immunsystem

Wenn Du lernst, diese Übungen konsequent in Deinen Alltag zu integrieren, wird es Dir mit der Zeit immer leichter fallen, zu entspannen und Deine Energie gezielt zu nutzen.

Probier es doch aus und erlebe selbst, wie Pausen Deine Resilienz stärken können.

Zur vollständigen Genesung braucht es natürlich mehr.

Mir persönlich waren folgende Bausteine eine große Hilfe, um mein LongCovid zu bewältigen:

  • tägliche kalte Dusche (stärkt die Mitochondrien)
  • Darmsanierung (holt mehr gute Bakterien zur Unterstützung)
  • Zuckerverzicht (neben all den anderen positiven Nebenwirkungen hauptsächlich, um den Blutzucker zu stabilisieren)
  • einzelne Nahrungsergänzungsmittel (vorher Blutcheck nach Defiziten)
  • Physiotherapie
  • reflektorische Atemtherapie
  • und besagte PAUSEN PAUSEN PAUSEN
  • mit ATEMÜBUNGEN
  • und VAGUSÜBUNGEN.

Hinweis: Meine Tipps sind ganz persönlich und ersetzen keine ärztliche Beratung oder Behandlung! Wende Dich z.B. an die Charite oder an eine Ärztin/ einen Arzt deines Vertrauens.

Die Atemübungen mache ich mit Hilfe der App Breathball.

Komm gern in meinen Kurs für Selbstregulation und probiere die Vagusübungen aus oder vereinbare eine Einzelsitzung mit mir.

Ich unterstütze Dich auch gern mit Somatic Experiencing bei der Stabilisierung Deines Nervensystems und beim Finden und Setzen Deiner persönlichen Grenzen. Es ist nur ein Baustein von vielen – aber wer weiß, vielleicht ist es genau das Teil vom Puzzle, welches Dir noch fehlt?

Höre auch gern meinen Podcast „Lebe leichter!“, da leite ich ebenfalls einzelne Übungen an.

Ich freue mich auf Dich! Bis dahin wünsche ich Dir viel Erfolg bei Deinem persönlichen Weg zu mehr Gelassenheit und Wohlbefinden.