Die Verantwortung in Beziehungen: Warum Macht und Verantwortung Hand in Hand gehen

Verantwortung in Beziehungen Leithirsch sein und im Sinne der Herde handeln

In diesem Beitrag geht es um ein sehr kontroverses Thema, nämlich um Verantwortung in der Beziehung. 

Wusstest Du, dass viele Konflikte vermieden werden können, wenn die Verantwortung richtig verteilt ist? Damit Du es in Zukunft etwas leichter hast in Deinen Beziehungen, möchte ich Dir gern eine weitere wichtige Seite der Verantwortung vorstellen.

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Es ist nämlich sehr wichtig zu wissen, wer wofür innerhalb der Beziehung, also der Familie, der Partnerschaft, Freundschaft oder des Teams Verantwortung trägt. 

In meinem Podcast „Lebe leichter“ habe ich bereits über die persönliche Verantwortung und die soziale Verantwortung gesprochen und heute in schriftlicher Variante also: die Verantwortung für die Beziehung. Da merke ich gleich ein leichtes Unbehagen bei mir, denn ich habe sehr oft die Erfahrung gemacht, dass ich hier den größten Widerstand hervorrufe. Sei es in einem Team, wo ich Supervision oder eine Fortbildung gebe, aber auch bei Eltern.  

So, jetzt habe ich Dich lange genug auf die Folter gespannt. Also, was ist jetzt so kontrovers? Ich verrate es Dir: 

Die Verantwortung für die Beziehung hat nämlich immer die Person, die auch die Macht hat. 

Nochmal zusammengefasst: die persönliche Verantwortung trägt jede Person für sich, also auch das Kind, der Jugendliche, und der Erwachsene auch.

Und dann gibt es die Verantwortung für die Beziehung.

In einer Partnerschaft, Freundschaft oder unter Kollegen ist es auch recht einfach: jede/r trägt zu 100% die Verantwortung für die Beziehung. 

D.h., dass bei einem Konflikt oder einer schlechten Stimmung beide Parteien die Macht haben und auch die Verantwortung, die Beziehung zu klären.

Vielleicht sollte ich noch das Wort Macht in diesem Zusammenhang definieren:

Mit Macht meine ich wirklich Macht. Beide Parteien können im obigen Beispiel die Beziehung beenden oder retten. Wenn ich mit meinem Partner in einer vergifteten Atmosphäre lebe, ist es unser beider Verantwortung dafür zu sorgen, etwas zu verändern. Bin ich immer wieder die Einzige, die das anspricht, kann ich irgendwann auch meine persönliche Verantwortung übernehmen und mich trennen. 

Sind beide Partner gleichberechtigt, dann ist die Theorie am einfachsten: Jede/r von ihnen trägt die Verantwortung für ein Gelingen der Beziehung. Das wissen die meisten, denn fast jede/r von uns hat schon erlebt, wie es ist in einer Beziehung zu sein, wo ein Mensch eben das nicht tut. Es fühlt sich unausgeglichen an und macht unzufrieden.

Schauen wir uns nun Konstellationen an, wo die Macht und somit die Verantwortung nicht gleich aufgeteilt, sondern asymmetrisch ist. Da wären z.B. die Konstellationen Team und Chef/in, Kind und Eltern, PädagogInnen und Kinder aber auch PädagogInnen und Eltern der Einrichtung!

In den obigen Beispielen gibt es immer eine Partei, die mehr Macht hat, also Chef, Eltern und Pädagogen in Beziehung zu den Kindern. (In Beziehung zu den KollegInnen ist es natürlich wieder symmetrisch.)

Bei einem asymmetrischen Machtgefüge ist es so, dass eine Person Macht hat und die andere Person abhängig ist. Die Person, die mehr Macht hat, auch die Verantwortung für die Beziehung hat.

Und das ist der Moment, wo ich meist einen Aufschrei in meinen Fortbildungen und Supervisionen höre! „Wieso bin ich verantwortlich dafür, was die Kinder schlimmes machen?“ „Nein, ich kann doch nicht noch Verantwortung für meine Angestellten übernehmen“ usw usw.

Ich habe auch schon eine Leitung gehört, die meinte, dass ihr Team bitte auch verantwortlich für sie sein solle, schließlich hätte jede/r im Team ja auch die gleiche Macht wie sie, nämlich zu kündigen.🫣 Ja, das ist natürlich ein großes Missverständnis gewesen. 

Denn eine Leitung hat die Macht, ihre Mitarbeiter zu kündigen, die Mitarbeiter können der Leitung aber nicht kündigen! DA ist der Unterschied.

Aber bitte nicht alles in einen Topf werfen: Du als Mutter/ Vater/ Chef(in) sollst nicht die PERSÖNLICHE Verantwortung von den Kindern/ Deinem Team übernehmen! Du hast nur die Verantwortung für die Beziehung.

Das Kind kann auch nicht der Kita kündigen, die Erzieherin kann jedoch ohne weiteres die Einrichtung wechseln, wenn es ihr nicht mehr gefällt. Kinder können und wollen auch nicht ihre Eltern verlassen, sie sind einfach abhängig davon, dass ihre Eltern sie lieben und annehmen, wie sie sind.

Ein Kind kann deshalb nicht die Verantwortung für die Beziehung übernehmen, das würde es überfordern. 

Paradoxerweise wird genau das aber Kinder übergestülpt. Nämlich wenn vom Erwachsenen gesagt wird: „Ich fühle mich schlecht, weil du…“ „oder „ich verhalte mich gerade so und so, weil Du das und das getan hast.“ –> In dem Moment gebe ich als Erwachsene meine ganz persönliche Verantwortung für mein Gefühl und mein Handeln ab an das Kind. 
Ups… ganz schön viel Macht und Verantwortung, die das Kind tragen soll! 

Wenn sowas praktiziert wird, dann ist natürlich klar, dass der oder die Erwachsene das Gefühl hat, das Kind würde Macht ausüben. Tut es aber nicht! Ich als Erwachsene habe die Macht abgegeben, das ist ein Unterschied! 

Das Kind versucht nur, so gut es geht, damit umzugehen. Einige rebellieren und dann ist der Aufschrei groß…. aber das ist schon wieder ein anderes Thema.

Zurück zum Ausgangsthema. 

Verantwortung für die Beziehung heißt eigentlich, dass ich als machtvollere Person die Verantwortung für die Qualität der Beziehung habe. 

Natürlich macht auch ein Kind oder meine Angestellte Dinge, die mir nicht gefallen und weshalb unsere Beziehung leiden kann. Und dann muss ich mir meiner Verantwortung bewusst werden und in Beziehung gehen, um die Qualität wieder zu verbessern. 

Wie ist es nun möglich, die Verantwortung für die Beziehung zu übernehmen und die Beziehungsqualität zu verbessern?

Es ist meine Aufgabe zu sagen „hey, ich hab den Eindruck, dass es Dir nicht gut geht hier, ich würd gern wissen, was los ist. Ich möchte gern, dass Du Dich mit mir wohl fühlst, gibt es etwas, was ich Deiner Meinung nach ändern sollte?“.

Ja, so oder so ungefähr würde sich das anhören. In Deinen Worten natürlich.

Lass das doch mal alle Deine Sinne und Zellen schmecken…. 

Wie fühlt es sich an, diesen Satz zu sagen?

„Ich merke, Du Dich hier unwohl fühlst… kann ich etwas tun?“

Und wie würde sich der Satz anfühlen für Dein Kind oder Deine Angestellte? Was würdest Du empfinden, wenn das Deine Mutter gesagt hätte oder Dein Chef heute sagen würde? 

Wie ich schon in meiner Podcastfolge 4 (Persönliche Verantwortung vs. soziale Verantwortung) erläutert habe, hat jeder Mensch die Verantwortung für sich. Und wenn die einem abgenommen wird, dann verschlechtert sich die Beziehung! Und dafür hat dann wieder die machtvollere Person die Verantwortung, die der weniger machtvollen Person die persönliche Verantwortung abgenommen hat. Ist doch klar, oder? Sie oder er hat ja auch dem Kind oder ihrer Mitarbeiterin die persönliche Verantwortung weggenommen. Und die Konsequenzen davon gehen dann von stiller Unzufriedenheit bis hin zur Rebellion.

Die gute Nachricht:

Du als machtvollerer Teil einer Beziehung hast also genau das in der Hand! 

Dieser Teil der Verantwortung ist sicher der schwerste, das weiß ich aus Erfahrung! In einer Partnerschaft oder Freundschaft ist es leichter, denn dort bekommt man mit etwas Glück Gegenwind, wenn man versucht, dem oder der Anderen die persönliche Verantwortung abzunehmen 😉

Ich fasse noch mal zusammen:

  • in symmetrischen Beziehungen wie in Partner- oder Freundschaften oder unter Kollegen hat jede/r 100% Verantwortung für sich persönlich sowie 100% Verantwortung für die Beziehung
  • in asymmetrischen Beziehungen wie z.B. Erwachsene – Kinder, Pädagogen – Eltern, Chef- Angestellte hat einschließlich der Kinder jede Person 100 % persönliche Verantwortung für sich, jedoch nur die machtvollere Person hat 100% Verantwortung für die Qualität der Beziehung
  • Hand in Hand mit der Macht geht auch die Verantwortung! 
  • wird die Verantwortung für die Beziehung an die untergeordnete Person abgegeben, gibt es langfristig Probleme, die nur gelöst werden können, wenn die machtvollere Person die Verantwortung für den Prozess, also dafür, dass etwas nicht so läuft, wie es sollte, übernimmt. Gibt sie die Verantwortung ab, platt gesagt mit „Wegen Dir läuft es grad schlecht“ – dann geht die Spirale weiter nach unten und beide Seiten resignieren, sind frustriert usw…

Die Qualität der Beziehung in symmetrischen und auch asymmetrischen Beziehungen lässt sich übrigens ganz einfach und kostenlos verbessern, wenn man der anderen Person ihren Teil der persönlichen Verantwortung überlässt.

Die Qualität unserer Beziehung leidet nämlich am meisten, wenn ich ungefragt Entscheidungen für Dich treffe!

So, das war mein Schlusswort und ich würd gern wissen, wie es mit Dir ist? Hattest Du auch einen inneren Widerstand, als ich davon gesprochen habe? Oder fühlt es sich für Dich stimmig an? 

Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, dann empfehle ich Dir folgende Bücher von Jesper Juul:

  • Nein aus Liebe
  • Vom Gehorsam zur Verantwortung (Fachbuch für Pädagog*innen)
  • Dein kompetentes Kind
  • Was Familien trägt
  • Leitwölfe sein

4 thoughts on “Die Verantwortung in Beziehungen: Warum Macht und Verantwortung Hand in Hand gehen

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